Christo in München – Gespräch mit Christoph Amend anlässlich der Premiere seiner neuesten Edition »Wrapped Globe (Eurasian Hemisphere)«.
Er war extra aus New York gekommen, um das Kunstwerk in den ehemaligen Werkhallen von Giesecke+Devrient vorzustellen. Die Kunstliebhaber des Weltmarktführers für Banknotendruck empfingen an diesem Abend über 350 enthusiastische Gäste und Christo-Fans in der Halle, in der ehemals die Deutsche Mark hergestellt wurde.
In einem mitreißenden Gespräch zwischen Christo und Christoph Amend, Chefredakteur des ZEITmagazins und Herausgeber der WELTKUNST, gab der Künstler dem gebannt zuhörenden Publikum bisher noch ganz unbekannte Einblicke in sein künstlerisches Selbstverständnis. Über eine Stunde nahm sich der weltweit gefragte Künstler dafür Zeit. New York, Paris, München – für die Premiere des »Wrapped Globe« war er einmal um die halbe Welt gereist. Die Kunst ist sein Leben.
Nachdem Christo 1956 aus Bulgarien geflohen war, hat er all seine Energie in die Verwirklichung seiner künstlerischen Visionen investiert. In zahlreichen Ländern, Städten wie Berlin, Rom und Miami, oder an entlegenen Orten wie die Wüstenlandschaften an der Westküste Nordamerikas hat Christo seine einzigartigen Projekte bereits umgesetzt. Vor dem Münchner Publikum erinnerte er sich an die Schwierigkeiten, die es für die Verhüllung des deutschen Reichstages zu überwinden galt, oder an das Glücksgefühl, als endlich die »Floating Piers« auf dem Iseosee in Italien eröffnet wurden. Christo lebt und atmet die Kunst – mit all ihren Herausforderungen und Erfolgen.
Christoph Amend erwies sich nicht nur als sehr guter Zuhörer, er stellte auch seine Erfahrung im spontanen Aufbau einer Dramaturgie unter Beweis. Es war ihm nicht entgangen, dass Christo über seine Frau Jeanne-Claude in der Gegenwartsform spricht, obwohl sie bereits vor 10 Jahren verstorben ist. Bis heute sei sie für ihn ein unverzichtbarer Teil seines Lebens und seines künstlerischen Wirkens, erklärte Christo. Jedes einzelne der bis heute realisierten Projekte hatten Christo und Jeanne-Claude erdacht. Mit der Frau, die er in den 1950er Jahren in Paris kennenlernte und die 1964 gemeinsam mit ihm nach New York emigrierte. Als Künstlerpaar machten Christo und Jeanne-Claude die Welt für viele Jahre zu einem schöneren Ort.
„Jeder Mensch träumt, ich selbst kann mich aber nie daran erinnern“, antwortete der Künstler auf die Frage, in welcher Sprache er träume. Träume, das seien für ihn viel eher Visionen, die sein Wachleben bestimmten: „Im Moment kann ich von nichts anderem träumen, als den Arc de Triomphe fertig zu verhüllen“, hatte der Künstler erklärt. Mit dem Pariser Projekt verwirklicht Christo seine nächste große Idee: Im echten Leben, bei Wind und Wetter, entgegen allen Widrigkeiten und für das pure Glück, das durch dieses ästhetische Erlebnis entstehen wird.
„Ich lebe im Hier und Jetzt“, entgegnete der Künstler Christoph Amend, der fragte, wie Christo nach seinem Tod wahrgenommen werden wolle. Es gäbe für ihn keine entfernte Zukunft, die er ersehnt, nur das Leben von heute, die pure Erfahrung des Seins, nicht die Verklärung nach dem Tod. Es scheint als habe er, der Künstler, der die Welt mit seinen Interventionen zu einem schöneren, einem reicheren Ort macht, dieses Credo über Jahrzehnte des Schaffens nie aus den Augen verloren.
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