Gespannte Erwartung liegt über den bis zum letzten Platz gefüllten Stuhlreihen der Galerie. Es gilt ja auch, etwas Besonderes zu erleben. Denn Elizabeth Goldring Piene wird gleich lesen, die Witwe des 2014 verstorbenen Künstlers Otto Piene, der Licht-Maler und Mitbegründer der Gruppe Zero. Sichtlich bewegt stellt Galerist Till Breckner die 1945 in Forest City, Iowa, geborene Künstlerin und Lyrikerin vor, berichtet von Besuchen auf der Farm der Pienes in Groton bei Boston, schlichte Wohnhäuser, eingerahmt von zwei mächtigen Silos. „A profane church“, nennt Elizabeth Goldring diese Architektur.
Mit dem zweisprachigen Lyrikband „The Light Silo/Das Licht-Silo“ mit Illustrationen von Otto Piene hat sie nun einen Band veröffentlicht, der sie als sensible, ausdrucksstarke Lyrikerin zeigt. Zunächst fällt ihre Stimme auf, der ruhige amerikanische Akzent scheint die wogenden Felder und die sanfte Hügellandschaft wiederzugeben, und es fällt einem der Anfang von Patti Smiths „Birdland“ ein: „His father died and left him a little farm in New England“. Goldring Piene erfasst den ganzen Kosmos des Farmlebens, umgeben von Otto Pienes Kunstwerken wird der Zuhörer Teil dieser Welt.
In „Ein Top Five Blizzard“ heißt es: „heulender Wind/wie über der Prärie /weht durch die Bretter unseres Hauses…ich werde eine Schneefrau/nichts kann mir etwas anhaben.“ Hans Jürgen Hafner hat fast alle Gedichte ins Deutsche übersetzt, Olaf Reifegerste liest sie vor. Immer wieder flicht die Dichterin Erinnerungen an ihren Mann ein, spricht aber auch von ihrer schweren Krankheit, die sie oft für Wochen erblinden lässt. So wie in „Spinnweben“: „Eine Spinne ohne Netz ist blind/Ohne Fäden wird keine Spannung aufgefangen/wenn die Fliege vorbeitaumelt.“ In „Das letzte Mal“ fallen Abschied und Gebrechen zusammen: „Fiktion wird immer das platte „See you later“ sagen/SEE, wenn ich fast blind bin/LATER, immer eine Lüge/YOU, der sich entfernt/ins letzte Mal.“
Doch auch wenn am Ende der Schmerz steht: „Das Licht-Silo“ ist ein Band, der das Leben feiert, der eine starke Frau zeigt, weit mehr als eine Muse. Herzlicher Applaus für Elizabeth Goldring Piene, auch von den anwesenden Freunden, Verwandten und früheren Mitarbeitern. Aber ob Till Breckner das Rezept des von ihm in seiner Begrüßungrede erwähnten „unbeschreiblich leckeren“ Grünkohlsalats, den er in Groton verspeiste, bekommen hat, wissen wir nicht.
https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/kultur/pienes-witwe-ist-eine-lyrikerin_aid-21833129
Weitere Empfehlungen: Otto Piene kaufen
Katharina Sieverding Museum Frieder Burda - Ausstellung DIE SONNE UM MITTERNACHT SCHAUEN vom 28. August 2021 bis zum 09....
Die Ausstellung Emilio Vedova - Arnulf Rainer "Tizian schaut" ist seit dem 9. Februar auch wieder im Arnulf Rainer...
Mit der Christo Doppelausstellung "Zwischen Erinnerung und Vision. Collage-Grafiken von Christo und Jeanne-Claude /...
Heinz Mack Ausstellung in Düsseldorf zu Ehren seines 90. Geburtstags. Er stattete am Freitag, 26.02.2021 seiner...
Kunstverlag Galerie Till Breckner - Editionen. Ausstellungen. Projekte. © 2018-2021, Alle Rechte vorbehalten.