Günther Uecker Persien: Die iranischen Frauen haben mich geküsst

Veröffentlicht am 22. Juni 2016, aktualisiert am 13. Januar 2022 unter Günther Uecker - Künstler, Presse

Düsseldorf. Mit 42 Versblättern hat Nagelkünstler Günther Uecker den Schatz des Mystikers Hafis gestaltet und in den Iran getragen. Von Annette Bosetti
Das Herz ist noch ganz voll von den Erlebnissen im Iran. Anfang Mai hat Günther Uecker in Schiras seine Arbeiten „Huldigung an Hafez“ gezeigt, 42 verschiedene Motive zu ausgewählten Versen aus dem Diwan – dem Hauptwerk des im Deutschen „Hafis“ genannten wichtigsten persischen Dichters und Mystikers (um 1315 – 1390). Die Reaktionen auf die Ausstellung in den Rundgängen um Hafis‘ Grab waren überwältigend. Die Menschen öffneten sich dieser einmaligen Verschmelzung von Farben, Formen, handgeschriebenen Zitaten mit den Original-Texten, die in persischer Schrift jeweils dazugestellt sind. Überschwänglich, gegen alle Konventionen habe man ihn in den Arm genommen, erzählt der Künstler. „Die iranischen Frauen küssten mich.“ Vor einigen Jahren noch seien sie schwarz verschleiert gewesen und auf Distanz geblieben.

Solche Reaktionen wertet der zeitlebens global agierende Künstler, der in Düsseldorf lebt und mit seinen Werken Dialoge anstiften und Grenzen überwinden möchte, als hoffnungsstarke, vitale Gegenwart. „Mit Hafis ist in diesen Menschen etwas wiedererweckt worden“, sagt Uecker, „das zutiefst anrührend ist.“ Die Ausstellung stelle eine Beglückung dar und eine hoffnungsweisende Schnittstelle der Gegenwart, die in die Vergangenheit weise und Zukunft eröffne.

Günther Uecker hatte 2010 den Wunsch geäußert, einmal im Iran auszustellen. In Afshin Derambakhsh vom Düsseldorfer Verlag Till Breckner fand er seinen Verbündeten und einen idealen Wegbegleiter, der zudem übersetzen konnte. 2012 hatte Uecker in Teheran dann die erste Präsentation seiner Arbeiten „Verletzungen – Verbindungen“, die 60.000 Menschen sahen. Und es gab keine kritischen Stimmen, nur Lob. Uecker, so erzählt es Derambakhsh, galt fortan als der bedeutendste Künstler, als wichtiger Mensch und sogar als Held.

Damit die Heldensaga fortgeschrieben werden konnte, wollte Uecker sodann privat das Land bereisen, die Menschen kennenlernen und die Natur. Er hatte schon viel gelesen über den Iran, nahm alles vor Ort sehr intensiv auf. Und stieß auf Hafis‘ kostbare Verse.

„Was habt ihr mit mir angestellt“, hat Uecker Drambakhsh in einer Stimmung der Glückseligkeit damals gefragt, „sobald ich lese, muss ich auch malen.“ Er wollte immer mehr von Hafis, dem spirituellen Denker und Dichter, erfahren. Später, zurück in Deutschland, entstand das Konzept zu dem Werk, das als ein einmaliges Künstlerbuch anzusehen und zu lesen ist. Was Hafis einst aufschrieb, trifft Uecker ins Mark. Es geht um Liebe, Humanismus, Frieden, um Existenz. Uecker bat um 30 „Ghaselen“ (Gedichte in einer besonderen Reimform), die man mit aufwendiger Übersetzerarbeit in die deutsche Form brachte.

29 davon sind in dieser „Huldigung an Hafez“ abgedruckt, jede Arbeit hat eine Botschaft. Insgesamt hat Uecker 42 Bildempfindungen (70 x 100 cm) gestaltet, handschriftlich betextet, bemalt. Auch abstrakte Motive wie ein grauzarter Wirbel oder eine gelbe Sonnenform kommen vor, daneben Prägedrucke und Partituren. Sogar den Sand aus Hafis‘ Garten hat er verarbeitet, den ihm Derambakhsh und Till Breckner nach Düsseldorf schafften. Die zum Teil glühenden, dann wieder pastellig gebrochenen Farben sind die Farben des Landes, das Uecker in den Bann zog. Schwarz fehlt ganz, die Handschriften hat der Künstler in tiefem Dunkelrot aufgebracht.

Zwei Jahre lang hat Uecker an der „Hafez“-Mappe gearbeitet, die ein museales Werk geworden ist. Unermüdlich signierte der 86-Jährige die 100-er Auflage – immerhin 4.200 Einzelblätter, die als Prägedrucke, Sanddrucke und Siebdrucke produziert und in einer unikal bemalten Buchkiste aufbewahrt werden. Morgen wird die erste deutsche Ausstellung der „Huldigung an Hafez“ im Schlossmuseum neben der renommierten Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel eröffnet. Mithilfe eines Mäzens hat die Bibliothek bereits eine Uecker-Mappe erworben.

Der Ausstellung stellt der Künstler seine Intention voran, die erhellt, welche tiefe Gefühle ihm Anlass waren: „Erfüllt vom Klang der Poesie, von Hafez, tief in der Seele angerührt, beschwingt durch die lebensvolle Kraft der Wörter, im Taumel tanzen die Gedanken, in den Beschreibungen, den Dichter auf seinen Wegen zu begleiten, die Wörter werden zu Farben, bekränzen ihn und seine wundersamen Verse…“

Günther Uecker Persien Artikel von Annette Bosetti auf www.rp-online.de

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